Meerschaumpfeifen, die weiße Göttin für den Connaisseur

Die weiße Göttin - eine Meerschaumpfeife, Tabakgenuss und Tabakkultur in Wien und in Österreich
© Michael Alexander Grandits

07.09.2019  MAG Lifestyle Magazin

Die weiße Göttin - Tabakgenuss und Meerschaum

Meerschaum wird seit dem 17. Jahrhundert in Tagbauweise gewonnen, seine wichtigsten Förder-stätten liegen im anatolischen Eskisehir. Meerschaumpfeifen waren einst Meisterwerke türkischer Schnitzkunst.
Pfeifen aus Meerschaum nennt der Connaisseur auch die weißen Göttinnen.

Meerschaumpfeifen müssen nicht eingeraucht werden. Sie sind geschmacksneutral und überaus feuerbeständig. Ein Abbrennen ist somit nahezu unmöglich, so das sie auch heiss geraucht werden können.  Der Herstellungsprozess einer Meerschaumpfeife hat sich seit dem 18. Jahrhundert nicht wesentlich verändert, damals wie heute wird das empfindliche Material mit der Hand verarbeitet.

Die weiße Göttin - eine Meerschaumpfeife, Tabakgenuss und Tabakkultur in Wien und in Österreich
© Michael Alexander Grandits

Meerschaum - Sepiolith

Das "weiße Gold",  ist ein Mineral, welches überwiegend in der Türkei, in Anatolien, nahe der Stadt Eskeshir unweit von Ankara in Knollenform bergmännisch abgebaut  wird.
Bei Meerschaum denkt man an Meer, Sturm und Gischt nur eben damit hat dieses Material nichts zu tun.
Die österreichischen Händler, die seinerzeit den Meerschaummarkt kontrollierten, verdeutschten die unaussprechliche laventinischen Handelsbezeichnung Mertscavon und der Markenname Meerschaum wurde unverändert in allen europäischen Sprachen aufgenommen.
Die erdgeschichtliche Herkunft des Meerschaums ist nicht restlos geklärt. Es handelt sich um ein Magnesiumsilikat.

Tabakgenuss und Tabakkultur, Meerschaum und MeerschaumpfeifenWien
© Pixabay

Ein deutscher Mineraloge wies Mitte des 19. Jahrhunderts nach, dass Meerschaum aus Ablagerungen fossiler Muscheln und Fischknorpeln entstanden sei und gab ihm den Namen Sepiolith von Sepia, der Bezeichnung für Tintenfisch.
Türkische Mineralogen hingegen vertreten die Theorie, dass der Fluss Sakarija mehrmals sein Bett gewechselt hat, magnesiumhaltiges Gestein seinen Lauf hinderte und im Laufe der Jahrtausende sich im Flussbett mit Kalkschlamm verbunden hatte. Diese Sinkstoffe lagerten sich ab, wurden durch Erdrutsche überlagerten und härtete in Jahrmillionen, wodurch der Meerschaum seine heutige Konsistenz erhielt.
In Anatolien, nahe der Stadt Eskeshir unweit von Ankara, wird der Meerschaum in Knollenform bergmännisch abgebaut.
Vor dem Trocknen ist die Meerschaumknolle wachsweich und fühlt sich fettig an. Durch die Berührung mit Wasser schäumt sie wie Seife und wurde deshalb schon von den Griechen für Reinigungszwecke verwendet. Zur Pfeifenherstellung eignet sich diese Knolle ausgezeichnet, da sie leicht zu bearbeiten und wegen der porösen Struktur sehr saugfähig ist.

Geschichte der Tabakkultur in Österreich

Meerschaumpfeifen & Wien

Früher war die Metropole der Meerschaumpfeifenerzeugung Wien. Bekannte Hersteller sind Andreas Bauer der seine Manufaktur 1904 in Wien gründete sowie Leopold Weiss und Strambach.
Im Jahr der Wiener Weltausstellung 1873 erwarb die Generaldirektion der k.k. Österreichischen Tabakregie einige der dort gezeigten Prunkmeerschaumpfeifen, die den Grundstock der Sammlung Austria Tabak bildeten.

Kunstvoll geschnitzte Pfeifen aus der Kaiserzeit sind unter Sammlern gesuchte Raritäten und heutzutage bewunderte Ausstellungsstücke in Museen.

Die weiße Göttin - eine Meerschaumpfeife, Tabakgenuss und Tabakkultur in Wien und in Österreich
© Michael Alexander Grandits

Unterschiedlichste Themen wurden von Pfeifenmachern liebevoll in Handarbeit hergestellt. Man findet Motive aus den Bereichen Militaria, Jagdszenen, Tiere, Persönlichkeiten, Freimaurer-Symbole und auch Erotika.
Pfeifen mit erotischen Motiven waren vor allem bei Herrenabenden beliebt und wurden nicht nur geraucht sondern auch stolz vorgeführt.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Türkei haben dazu geführt, dass Meerschaum nicht mehr als Rohmaterial exportiert werden darf. Er muss in türkischen Werkstätten zu Pfeifen oder Schmuck verarbeitet werden.