28.05.2024 MAG Lifestyle & Reisemagazin - Bahnreisen in Österreich & MAG Eisenbahnmagazin
Bereits 1871 erhielt die GKB, die Graz Köflacher Bahn, eine Konzession zur Errichtung einer Normalspurstrecke zur bestehenden Graz - Köflacherbahn von Lieboch nach Wies und nach Stainz. Die Normalspurbahn nach Stainz wurde nicht realisiert aber 1892 wurde die schmalspurige Lokalbahn in bosnischer Spur von 760 mm in der Relation Preding-Wieselsdorf und Stainz eröffnet. Die Schmalspurbahn wurde bis 1922 von der Südbahngesellschaft betrieben, danach von den Steiermärkischen Landesbahnen. Die erste Sonderfahrt des Flascherl Zuges fand am 03. Juni 1971 statt und die Sonderzüge wurden nach Erlöschen der Eisenbahnkonzession 1981 auf der Grundlage des Veranstaltungsgesetzes ohne Betriebspflicht wie bei öffentlichen Bahnen eine Fremdenverkehrsattraktion der Region. Nach Einstellung des Regelverkehrs wurde die Bahn als Touristenattraktion 1981 von der Marktgemeinde Stainz übernommen und der „Stainzer Flascherlzug“ geführt. Die Mitarbeiter ermöglichen in unzähligen freiwillig geleiteten Stunden die Erhaltung dieser historisch bedeutenden Bahn und des Rollmaterials.
Der Name Flascherlzug stammt von einem Naturheiler die einst auch Bauerndoktor oder Volksheiler genannt wurden. Johann Reinbacher vulgo Höller Hansl lebte 1866 - 1935 in Rachling bei Stainz und las bereits als Kind leidenschaftlich in alten Büchern seines Vaters über Naturheilkunde.
Die von ihm diagnostizierten Leiden wurden mit Kräutertees behandelt. Mehrere Kräuterweiblein waren für das Sammeln der Kräuter zuständig, wie unter anderen Elisabeth Strametz, die auch Almliesel
genannt wurde.
Der Heilkünstler konnte aus dem Urin seiner Patienten verschiedene Krankheiten diagnostizieren. Der weithin bekannte Naturheiler verkaufte nur die Kräutertees, die Diagnose erfolgte kostenlos!
Daher reisten viele Leute mit der Stainzer Schmalspurbahn nach Stainz zum Höllerhansl und hatten ein Flascherl Urin im Handgepäck und so erhielt der Zug bereits damals beim Volk den Spitznamen
"Flascherlzug".
Die Behandlung von Wunden lehnte er ab und schickte aussichtslose Fälle zu einem Arzt. Laut Überlieferungen erkannte der als Volksheiler zu Berühmtheit gelangte Bauerndoktor Krankheiten welche
mit Naturheilmitteln nicht zu heilen waren. Selbst Kurpfuscherprozesse verliefen im Sand und die Prozessberichte in den Tageszeitungen waren Werbung für seine Naturmedizin aus Kräutern.
In der Zwischenkriegszeit waren die nach Stainz führenden Züge laut zeitgenössischen Presseberichten mit 200 bis 500 Patienten pro Tag überfüllt. Johann Reinbacher war sehr religiös und lebte
trotz seines Erfolges sehr bescheiden. Mit den Einnahmen unterstützte er seine Stiefkinder und notleidende Bittsteller sowie den Kapellenbau am Friedhof von Stainz und andere kirchliche Belange.
Der Naturheiler bescherte duch sein Engagement Einkünfte für viele Menschen der Region. Der Transport, die Verköstigung und die Unterbringung der Anreisenden wurden zu einem Wirtschaftsfaktor für
diese Region von denen viele lebten. Das Vermächtnis des Naturheilers Johann Reinbach reicht bis in die heutige Zeit, denn der auf seine Verdienste beruhende Flascherlzug ist eine eine
Fremdenverkehrsattraktion der Region!
Der Bahnhof Stainz ist über hundert Jahre alt, datiert auf das Jahr 1892, das Baujahr der schmalspurigen Lokalbahn. Das Gebäude ist ein einzigartiges Denkmal für die Bahnhöfe an Nebenbahnen und Lokalbahnen dieser Zeit und beherbergt neben der Betriebsleitung auch ein kleines Museum.
Die ersten Haubendachwagen zur Modernisierung der Schmalspurbahnen in Österreich entstanden ab ca. 1925 gleichzeitig mit Flachdachwagen. Über 100 Exemplare dieser Schmalspurwaggons wurden gebaut. Die Waggons besaßen Ganzfenster, für Strecken der ÖBB mit Oberlichten, jene bei den StLB und der SKGLB ohne Oberlichten.
Der grüne Waggon Höllerhansl am Flascherlzug ist benannt nach dem Naturheiler Johann Reinbacher.
Der rote Waggon Bergliesl ist nach einer, einst in Stainz und Umgebung sehr bekannten Frau, der Elisabeth Strametz benannt, die Kräuter für die Arzneimixturen des Naturheilers Johann Reinbacher gesammelt hatte.
Der gelbe Waggon nimmt mit seinem Namen Kräuterwagerl Bezug auf die gesammelten Heilkräuter.
Der blaue Waggon Schilcherschaukel ist ein Buffetwagen damit sich die Gäste während der Fahrt an Schilcher und Verhackertbrote deliktieren können. Schilcher ist die Bezeichnung für Roséweine aus Trauben der österreichischen roten Rebsorte Blauer Wildbacher und Schilcherist eine für die gesamte Steiermark geschützte Bezeichnung. Die Schilcherweinstraße in der Steiermark führt unter anderen Orten über Stainz.
Die vierfachgekuppelte Dampflokomotive 764.007 wurde wurde 1958 in Reșița für die rumänischen Waldbahnen gebaut und kam von der Steyertalbahn wo sie von der ÖGEG eingestzt wurde auf die Stainzer Bahn. Die 760 mm Schmalspurlokomotiven vom Typ 70 wurden ab 1906 bei der Lokomotivfabrik MÁVAG in Budapest gebaut und waren in der k.u.k. Monarchie konzipiert für den Einsatz auf Feldbahnen und Waldbahnen.
Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie verblieben die meisten Lokomotiven dieser Reihe in den Nachfolgestaaten Rumänien, in der Tschechoslowakei, in Polen, Italien und Jugoslawien.
Zur Führung des Flascherl Zuges wurde die original Tenderlokomotive für den Betrieb auf der Stainzerbahn mit einem bereits vorhandenen Tender gekoppelt zur Schlepptenderdampflokomotive.
In Preding-Wieselsdorf bestand ein Anschluss der schmalspurigen Lokalbahn Preding-Wieselsdorf – Stainz, der ersten Schmalspurbahn der Steiermark mit öffentlichem Verkehr, an das Normalspurnetz der GKB. In Preding-Wieselsdorf konnten normalspurige Güterwagen aufgeschemelt werden und auf Rollböcken bis Stainz geführt werden, was das Umladen der Güter ersparte. Im Bahnhof Stainz sind sowohl Rollböcke als auch Rollwagen erhalten. In Österreich gab es Rollbockbetrieb von 1909 bis 1987.
Das Heizhaus im Bahnhof Stainz ist das letzte in der Steiermark erhaltene Schmalspurheizhaus das den Betrieb der Dampfloks ermöglicht. Das Heizhaus im Bahnhof Stainz ist das letzte in der Steiermark erhaltene Schmalspurheizhaus das den Betrieb der Dampfloks ermöglicht. Die Bekohlungsanlage arbeitet wie einst vor über 100 Jahren an schmalspurigen Lokalbahnen üblich ohne Bekohlungskran dafür mit etlichen Kübeln zum manuellen befüllen der Tender von Dampflokomotiven.
In der Zugförderung und im Bahnhofsbereich befinden sich einige sehenswerte Eisenbahnraritäten.
Die Diesellok FAUR L45H-070 von der rumänischen Schmalspurbahn S.C. Calea Ferata Ingusta S.R.L. in Criscior bei Brad kommt seit 2012 im Museumsverkehr und vor Bauzüge oder als Vorspannlok zum
Einsatz.
TIPPS & Links
Bahnhofstraße 28
8510 Stainz
Web: https://www.flascherlzug.at/
Tel.: +43 664 96 15 205
Alle Fotos wenn nicht anders angeführt © MAG Lifestyle & Reisemagazin & MAG Eisenbahnmagazin 15.05.2024