07.02.2024 - MAG Lifestyle Magazin "Reisen" exclusiv - Bosnien und Hercegowina Special & Eisenbahnmagazin
Der erste Bahnhof von Sarajevo befand sich aus strategischen Gründen rund 3 Kilometer vom Zentrum entfernt und stellte die Endstation der schmalspurigen Narentabahn, betrieben von der der k.k. Bosnabahn, dar. Als Verbindung vom Bahnhof Sarajevo zur Herz-Jesu-Kathedrale im Zentrum wurde anfangs eine Pferdeeisenbahn mit 760 mm Spurweite in Betrieb genommen. Die Beibehaltung der Bosnischen Spurweite ermöglichte die Überstellung von Güterwagen vom Bahnnetz der k.k.Bosnabahn zum Postamt und der Markthalle im Zentrum. 1895 wurde die Straßenbahn von Sarajevo elektrifiziert und war nach Mödling–Hinterbrühl, Budapest, Prag, Baden, Gmunden und Lemberg vor der Hauptstadt Wien die siebente elektrische Straßenbahn in Österreich-Ungarn.
Wenige Jahre vor Umbau der Sarajevoer Straßenbahn von Schmalspur auf Normalspur kamen 1953 noch Fahrzeuge der stillgelegten Straßenbahn Pirano–Portorose nach Sarajevo. Im Oktober 1960 wurde die schmalspurige Straßenbahn von Sarajevo auf 1435 Millimeter Normalspur umgespurt. Bis 1963 war der Vorort Bad Ilidža über die Narentabahn unter teilweiser Benutzung der Straßenbahn, damals beide mit 760 mm Spurweite, mit dem Bahnhof Sarajevo verbunden. Da die Jugoslawischen Staatsbahnen (JŽ) 1963 bis 1966 die Narentahn auf Normalspur umspurten wurde die Strecke teilweise neu trassiert. Seit dieser Zeit ist Ilidža in das städtische Straßenbahnnetz integriert.
Im Bosnienkrieg von 1992 bis 1995, einem der Jugoslawienkriege, wurde die Straßenbahngleise und das Fahrzeugmaterial der Straßenbahn schwerst beschädigt und vielfach zerstört. Die
Straßenbahnlinie 3 fährt heute von der Endstation Ilidža bis zum Hotel Holiday auf einer Neubaustrecke mit von der Fahrbahn getrennten Gleiskörper.
Zwischen der US Amerikanischen Botschaft und dem Hotel Holiday wurde die Stichstrecke zum Bahnhof ebenfalls neu erbaut und führt auf eigenem Gleiskörper entlang einer Allee zum Bahnhof. Die
Wendeschleife vor dem Bahnhof war im Februar 2023 noch in Arbeit aber das Bauende absehbar.
Die ersten Triebwagen nach der Umspurung von 760 mmm auf Normalspur stammten aus Washington, D.C., von der St. Louis Car Company, gebaut in den Jahren 1941–1944.
Nach dem Bosnienkrieg kamen als Hilfslieferung von Österreich einige Triebwagen Type E 6 Baujahr 1962 bis 1964 der Wiener Strassenbahn an die Sarajevoer Straßenbahn welche 2023 nicht mehr in
Betrieb stehen. Ein Triebwagen konnte in gutem Zustand im Depot entdeckt werden.
Heute wird der Betrieb hauptsächlich mit Sechsachser und Achtachser Einrichtungstriebwagen von ČKD Tatra, Baujahre 1973 bis 1990 sowie Duewag Achtachser mit Baujahren 1963 bis 1968 welche von der
Straßenbahn Köln (KVB) stammen abgewickelt. Einige interessante Fahrzeuge und Triebwagen aus der Betriebszeit der Sarajevoer Straßenbahn wurden erhalten.
Wir starten die Fahrt von Westen nach Osten, die Reise vom Okzident in den Orient, von der Endstation Ilidža zur eingleisigen Schlaufe rund um die osmanische Altstadt Bašcaršija.
Von Ilidža bis zum Hotel Holiday fährt die Straßenbahn auf einem mittig von den Fahrbahnen getrennten Gleiskörper. Ab dem Hotel Holiday fährt sie als echte Strassenbahn und umrundet gegen den
Uhrzeigersinn die Altstadt entlang dem Fluss Miljacka, der ehemaligen k.u.k Kaibahn.
Die Fahrt führt vorbei an der durch das Attentat auf den Thronfolger Österreich-Ungarns Erzherzog Franz Ferdinand bekannt gewordenen Lateinerbrücke mit dem
Museum 1878-1918.
Bei der Station Bašcaršija führt ihr Weg retour über die Straße Mula Mustafe Bašeskije um auf ihrer Fahrt nach Ilidža vor dem Hotel Holiday auf den gemeinsamen Gleiskörper
einzumünden.
In Ilidža befindet sich knapp 500 Meter vom westlichen Ende der Landebahn des Flughafens Sarajevo die westliche Endstation mit der Kehrschleife und Fahrkartenverkaufsstelle. Im Bild der Triebwagen 553 der Linie 3 am 01.02.2024. Bei Haltestellen ohne Fahrkartenverkauf können Fahrkarten beim Fahrer gelöst werden.
Entlang der Dzemala Bijedica fährt die Straßenbahn auf dem von den Autofahrspuren mittig gelegenen und getrennten zweigleisigen eigenem Gleiskörper bis vor das Hotel Holiday.
Das ehemalige Hotel Holiday Inn wurde 1983 als Symbol für die Olympischen Spiele von Sarajevo eröffnet und erreichte weltweite traurige Bekanntheit im Bosnienkrieg da es als Journalisten Hotel
und "das" Hotel der Kriegsberichterstatter galt. Das Hotel lag an der Hauptverkehrsstraße Zmaja od Bosne welche aufgrund des Beschusses durch Scharfschützen den Ruf einer Todeszone hatte und
„Sniper Alley“ genannt wurde. Die Straßenbahngleise wurde größtenteils zerstört und wieder neu aufgebaut.
Die Wendeschleife um die Altstadt wird eingleisig gegen den Uhrzeigersinn befahren und führt entlang dem Fluss Miljacka, der ehemaligen schmalspurigen k.u.k Kaibahn und typischen "Alt-Österreichischen" Häusern in Richtung Rathaus, der Wendeschleife und der Haltestelle Baščaršija am Bazar.
Die Haltestelle Latinska ćuprija, die Lateinerbrücke über den Fluss Miljacka wurde weltbekannt durch das Attentat auf den Thronfolger
Österreich-Ungarns Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg. Nur wenige Schritte von der Straßenbahnhaltestelle befindet sich
das Museum 1878-1918 mit einer ständigen Ausstellung zum Mord am Thronfolger der den Ersten Weltkrieg auslöste.
Rathaus Vijećnica mit der Nationalbibliothek von Bosnien und Herzegowina ist eines der bekanntesten Gebäude der Stadt.
Die Altstadt "Stari Grad" wird eingleisig umfahren und die Kehrschleife befindet sich zwischen den Haltestellen Vijećnica und Baščaršija.
Hier kann der Besucher in das orientalische Leben eintauchen. Die Baščaršija ist ein Basar und das historische Zentrum von Sarajevo. Der Sebilj, ein öffentlicher Brunnen von 1891 ist das wohl am häufigsten fotografierte Wahrzeichen am Taubenplatz umgeben von Cafes, Restaurants, Souvenirgeschäften und ursprünglichen Handwerksbetrieben.
Von der Station Bašcaršija führt die Schleife über die nördlich gelegene Straße Mula Mustafe Bašeskije vorbei an der katholischen Josefskirche um auf ihrer Fahrt nach Ilidža vor dem Hotel Holiday die Fahrt zur Endsation in Ilidža auf den gemeinsamen Gleiskörper einzumünden.
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