Die Wiener Weltausstellung 1873, eine Zeitreise in das Wien der k.u.k. Monarchie

Wien feiert 150 Jahre Weltausstellung

Wien feiert 150 Jahre Weltausstellung, die Wiener Weltausstellung 1873, eine Zeitreise in das Wien der k.u.k. Monarchie
Wiener Weltausstellung 1873 - Rotunde © Wien Museum

21.03.2023 Österreich - Geschichte & Tradition

Die Wiener Weltausstellung

Die Weltausstellung 1873 fand vom 1. Mai bis zum 2. November 1873 in Wien statt.

Am 24. Mai 1870 unterschrieb Kaiser Franz Joseph I. den Erlass zur Abhaltung der Ausstellung. Als Ausstellungsgelände wurde der Wiener Prater, das ehemalige kaiserliche Jagdrevier, das Kaiser Josef II. 1766 der Wiener Bevölkerung als Erholungsgebiet geschenkt hatte, ausgewählt.

Die Wiener Weltausstellung 1873 war das Ereignis, das Wiens Entwicklung zur Weltmetropole des 19. Jahrhunderts beflügelte. Als fünfte in der Geschichte der Weltausstellungen und als erste im deutschen Sprachraum überhaupt übertraf die Wiener Weltausstellung ihre Vorgängerinnen an Ausstellungsfläche. Mit 116.342 m² Ausstellungsfläche war die Weltausstellung in Wien zwölfmal so groß wie jene in London 1862.

35 souveräne Staaten nahmen mit 53.000 Ausstellern teil. Wien wuchs damals in Folge der Stadterweiterung und des Ringstraßenbaus rasant. Und zeitgleich wurden Pflöcke eingeschlagen, die für Wiens hohe Lebensqualität heute noch maßgeblich sind,  etwa die I. Wiener Hochquellenleitung mit ihrem kristallklaren Quellwasser, einer technischen Meisterleistung, die frisches Trinkwasser aus den Alpen direkt nach Wien führte. Gleich sechs neue Bahnhöfe machten Wien rund um 1873 zur mitteleuropäischen Eisenbahndrehscheibe. Öffentliche Verkehrsmittel und der Städtetourismus nahmen ebenso Fahrt auf.

Sich an einem Tag auch nur einen Überblick über alles Gezeigte zu verschaffen, war unmöglich. Die Besichtigung sämtlicher Exponate hätte 40 Tage in Anspruch genommen.

In einem Leitfaden empfahl die Internationale Ausstellungs-Zeitung daher ein systematisches Vorgehen, sie legte ihren Lesern auch den Gebrauch eines Notizbuchs sowie eine gewisse Gelassenheit nahe: „Wer Vieles sehen will – sieht Nichts.“

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© Wien Museum

Die Weltausstellung 1873 machte Wien zur Weltmetropole. Sie war der Motor für die Entwicklung Wiens zur Weltstadt. Hier eine Zeitreise ins Jahr 1873 in Bildern, die Zeugen der Vergangenheit sind. Ob Fotografien, dies war die erste umfassend fotografisch dokumentierte Weltausstellung, Illustrationen, Grafiken, Karikaturen oder Pläne – sie gewähren einen historischen Blick auf Skurriles, Skandale und Sensationen von damals, auf Fun Facts, Höhepunkte und erstaunliche Zahlen im Weltausstellungs-Kontext.

Die Rotunde

Die Rotunde im Zentrum des Industriepalastes war 1873 mit einer Spannweite von 108 Metern der größte Kuppelbau der Welt. Das „achte Weltwunder“, doppelt so groß wie der Petersdom in Rom! Die Wiener verrissen sie jedoch anfangs als „Blechhaufen“, „Guglhupf“ oder „Käseglocke“, zudem bei Regenwetter undicht.

Vom Dach der Rotunde aus genossen exakt 206.270 Besucher den Blick über Wien. Große Fernrohre waren angebracht. Wer Eintritt zahlte, durfte die Treppe benutzen, später den hydraulischen Aufzug im Inneren einer der Eisensäulen.

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© Wien Museum

4 Meter, 4 Tonnen: Die Eigenschaften der Kaiserkrone auf der Spitze der Rotunde. Das Dach ruhte auf 32 eisernen Säulen und die Eisenkonstruktion wog 4.000 Tonnen. Die Rotunde fasste 27.000 Besucher.

Bei Regenwetter wurden diese leider nass, weil das Bauwerk undicht war, ein dankbares Thema für Karikaturisten.

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Die Wiener Weltausstellung

eine Society-Event Expo 1873

Kaiser Franz Joseph besuchte die Ausstellung 48 Mal. 33 regierende Fürsten waren zu Gast, darunter der russische Zar, der Deutsche Kaiser, der italienische König und eine Sensation, am 3. August 1873 der Schah von Persien, Nāsir al-Dīn.

Man spielte Johann Strauss‘ (II.) Persischen Marsch, was dem Komponisten den Persischen Sonnenorden einbrachte. Allerdings, der Schah und seine 60-köpfige Entourage verließen Schloss Laxenburg, wo er untergebracht war, renovierungsbedürftig.

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Kaiser Franz Joseph und

der Deutsche Kaiser Wilhelm

Der Deutsche Kaiser Wilhelm als einer der Besucher auf dem Dach der Rotunde.

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Highlites

der Wiener Weltausstellung

Der Kunstbezirk umfasste eine Kunsthalle mit 7.000 m² dicht behängter Wandfläche, zwei kleinere Pavillons (als einzige Gebäude der Weltausstellung erhalten) und den Kunsthof. Gezeigt wurden 6.600 Werke der bildenden Kunst, die seit der Londoner Exposition von 1862 entstanden waren. Die meisten stammten aus Frankreich.

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Japan auf

der Wiener Weltausstellung

In Wien präsentierte sich Japan erstmals in großem Stil der Welt. Der damit einhergehende „Japonismus“ prägte Kunst (allen voran Gustav Klimt) und Handwerk. Die von der japanischen Weltausstellungs-Delegation mitgebrachte Sojabohne fand von Wien aus ihre Verbreitung in die ganze Welt.

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Marokko, Ägypten,Tunesien, das Osmanische Reich sowie

China und Persien auf

der Wiener Weltausstellung

Die Wiener Weltausstellung war die erste, auf der sich neben Japan auch Marokko, Ägypten, Tunesien, das Osmanische Reich und Persien erstmals umfassend der europäischen Welt vorstellten. Hier ein Blick in die Abteilung China und Persien.

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Traditionelles

Wiener Handwerkskunst

Auch traditionelles Handwerk war ein Renner auf der Weltausstellung: Produzenten wie J. & L. Lobmeyr (Kristall – darunter ein prächtiger Luster) und Jarosinski & Vaugoin (Silber) sahnten heiß begehrte Medaillen ab. Sie sind heute noch Aushängeschilder der Wiener Handwerkskunst.

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Exponate aus Großbritannien

Die Exponate aus Großbritannien beinhalteten u. a. Schiefer, Kohle, Erze, Mineralien und papierene Vorhänge. Größter Anziehungspunkt war der auf 25.000 Pfund geschätzte Schmuck der viktorianischen Society-Lady Georgina Dudley.

Der nie aufgeklärte Diebstahl dieser Juwelen am 12.12.1874 im Bahnhof Paddington sollte ein berühmtes Verbrechen werden.

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Die Telegrafenstation in Wien

Am Eröffnungstag der Weltausstellung wurden bei der Telegrafenstation in Wien 10.567 Telegramme aufgegeben. Das längste umfasste 4.555 Worte. Auch auf der Ausstellung selbst wurden Telegrafen präsentiert.

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Die Weltausstellungskapelle

von Johann Strauss Sohn

Johann Strauss (Sohn) hatte es geschafft, mit seiner Weltausstellungskapelle exklusiv im Expo-Gelände auftreten zu dürfen. Die Rotunde war akustisch suboptimal, im eilig errichteten Musikpavillon ging es mäßig erfolgreich weiter – nur das Orchester saß überdacht, die Kartenpreise waren hoch, Strauss dirigierte kaum mehr selbst. Mit Konzerten außerhalb des Ausstellungsareals schaffte es Strauss aber, die Stimmung zu seinen Gunsten zu drehen.

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Ein Leuchtturm

der Triester Seebehörde auf

der Wiener Weltausstellung

Die Triester Seebehörde präsentierte eine Seeleuchte, bestehend aus Leuchtturm, optischem Telegrafen und Nebelhorn. Letzteres signalisierte allabendlich mit drei lauten, langgezogenen Tönen den Schluss der Ausstellung.

Zum Schrecken der Besucher auf der Leuchtturm-Terrasse und zum Ärger der Konzertbesucher:innen beim Musikpavillon.

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Gastronomischen Vielfalt

der Wiener Weltausstellung

Hungrige konnten sich ob der gastronomischen Vielfalt zwar auf kulinarische Weltreise begeben (im Bild Drehers Bierhalle), doch überteuerte Preise, kleine Portionen und die Qualität sorgten für Aufregung. So beklagte sich der Schauspieler János Szika zu Recht, dass ihm in der englischen Restauration ein Huhn serviert wurde, das „gar nicht mehr daran dachte, gegessen zu werden und also ruhig in Verwesung übergegangen war“. Worauf er „das Ding um d’Erd haute“.

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Ein kurioser Gastronomiebetrieb war der „Wigwam“. Das Konzept des New Yorker Betreibers Boehm & Wiehl ging auf. Die Bar war ein Renner, vor allem die in Wien noch kaum bekannten Cocktails (Sherry Cobbler, Mint Julep, Catawba Cobbler …), die – hierzulande ebenfalls eine Neuheit – mit Strohhalmen geschlürft wurden.

Beim Wigwam ließ sich die fünfjährige Erzherzogin Marie Valerie das „Yankee Doodle“-Lied vorsingen und vortanzen.

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Ein Kuriosum waren die 500 von der Firma Fischer & Meyer angefertigten Rollwagen, die für Mobilität am Ausstellungsgelände sorgten,  entgeltlich „unter der Leitung elegant livrirter Führer“ zu mieten. Auch der Hof ließ für den eigenen Gebrauch solche Wagen anfertigen. Abgebildet: ein damals modernes Stereofoto (räumlicher Eindruck bei Betrachtung durch ein Stereoskop).

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Die Tätigkeit der Juroren ebenso verantwortungsvoll wie strapaziös. So waren etwa 30.000 Flaschen Wein und 60.000 Liköre und Branntweine zu prüfen. Unter den 25.572 Auszeichnungen waren 8.687 Verdienstmedaillen, 2.929 Fortschrittsmedaillen, 2.162 Medaillen für Mitarbeiter, 977 Kunstmedaillen, 310 Medaillen für guten Geschmack, 10.066 Anerkennungsdiplome sowie 441 Ehrendiplome.

Feierliche Preisverleihung am 18. August 1873, dem Geburtstag des Kaisers.

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Die Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg

Anfang Juli 1873 eröffnete die Oesterreichische Bergbahn-Gesellschaft eine Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg bei Wien, die selbst auch Ausstellungsobjekt war. Etwa alle zehn Minuten fuhren zwei je 100 Personen fassende Wagen bergauf bzw. bergab und überwanden dabei einen Höhenunterschied von 242 Metern. Die Fahrt dauerte rund fünf Minuten.

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I. Wiener Hochquellenleitung

eröffnet von Kaiser Franz Joseph

Am 24. Oktober 1873 wurde die I. Wiener Hochquellenleitung eröffnet, die bis heute frisches Trinkwasser 95 Kilometer aus den Alpen direkt nach Wien bringt. Deren weithin sichtbares Symbol: der Hochstrahlbrunnen, der feierlich von Kaiser Franz Joseph eröffnet wurde.

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Das einzige k. k. Hofhotel,

das Hotel Imperial

Erhofft wurden bis zu 20 Millionen Gäste, täglich bis zu 30.000. Zahlreiche Hotels entstanden, darunter das elegante, bis heute existierende Hotel Imperial, ursprünglich ein für Herzog Philipp von Württemberg errichtetes Palais.

Als einziges Hotel der Monarchie durfte es die Bezeichnung „k. k. Hofhotel“ führen.

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Pleiten, Pech und Pannen

Euphorisch hatten die Wiener die bis dato größte Weltausstellung ausgerichtet, doch ein Börsenkrach, die Choleraepidemie, lange Schlechtwetterphasen und hohe Eintrittspreise trübten den Erfolg.

25 Gulden kostete der Eintritt zum Eröffnungsakt,  davon lebte eine vierköpfige Arbeiterfamilie drei Wochen.

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Die Bilanz

der Wiener Weltausstellung

Statt der erwarteten 20 Millionen Besucher kamen von 1. Mai bis 2. November 1873 nur knapp 7,3 Millionen.

Gesamtkosten:  19.123.270 Gulden und 80 Kreuzer, Einnahmen:          4.256.349 Gulden und 55,5 Kreuzer.

Resümee des Unterfangens, schlecht für die Staatskassa, unbezahlbar für die Stadtentwicklung.

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Das Ende der Rotunde

des zweites Wiener Wahrzeichens

Ein Abriss wäre teuer gewesen,  so bestand die Rotunde als zweites Wiener Wahrzeichen neben dem Stephansdom weiter, bis sie am 17. September 1937 durch einen Brand zerstört wurde.

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